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MBOR: Berufsbezug als roter Faden

Alle beteiligten Professionen sollten berufsbezogene Aspekte thematisieren

Eine Kreissäge sprüht Funken.
Foto: Anamul Rezwan auf Pexels

Die Thematisierung beruflicher Inhalte und Probleme der Rehabilitanden und Rehabilitandinnen darf sich nicht auf einzelne Gruppen von Gesundheitsfachkräften bzw. Personen (zum Beispiel Ärztinnen und Ärzte bei der Aufnahmeuntersuchung) beschränken, sondern muss in allen therapeutischen Disziplinen stattfinden. Alle Behandelnden sollten Kenntnis über den Arbeitsplatz von Rehabilitandinnen und Rehabilitanden haben, um ihre Therapien auf die individuellen Anforderungen hin ausrichten zu können.

Umgesetzt werden kann das in den unterschiedlichen Berufsgruppen auf verschiedene Weise:

Im ärztlichen Aufnahmegespräch

Zu Beginn der Rehabilitation sollten die Ziele der beruflich orientierten medizinischen Rehabilitation im ärztlichen Aufnahmegespräch thematisiert werden.

Im Einführungsvortrag

Im Rahmen eines Vortrags können Ziele und Inhalte der MBOR aufgegriffen und veranschaulicht werden.

Beim Sozialdienst

Die Mitarbeitenden des Sozialdienstes besprechen mit Rehabilitandinnen und Rehabilitanden deren sozialrechtliche Belange (z.B. Wiedereingliederung, innerbetriebliche Umsetzung). Der berufsbezogene Schwerpunkt der Rehabilitation wird hier für Rehabilitandinnen und Rehabilitanden also besonders anschaulich und sollte durch den Sozialdienst auch nochmals hervorgehoben werden.

In berufsbezogenen Gruppenangeboten

Einige Trainings, zum Beispiel Work Hardening und Ergonomie am Arbeitsplatz (Heben und Tragen), haben explizit die Verbesserung der beruflichen Leistungsfähigkeit zum Ziel. Aber auch in anderen Maßnahmen, die sich auf das körperliche oder funktionelle Leistungsvermögen beziehen (z.B. Medizinische Trainingstherapie), können berufsbezogene Elemente einfließen. Hier können zum Beispiel die körperlichen Anforderungen, die am Arbeitsplatz von Rehabilitandinnen und Rehabilitanden eine Rolle spielen, gezielt aufgegriffen und trainiert werden. Auch erlauben Trainings zur Stressbewältigung, zur Kommunikation oder zur sozialen Kompetenz eine inhaltliche Ausgestaltung mit Berufsbezug (z.B. Stressbewältigung und Konfliktmanagement am Arbeitsplatz, Bewerbungstrainings).

Konkrete arbeits- und berufsbezogene Zielformulierungen

Zur Auseinandersetzung mit der Erwerbsperspektive zählt die Definition von Reha-Zielen für individuelle arbeits- und berufsbezogene Problemlagen. Hierfür müssen dann konkrete Zielformulierungen erarbeitet werden („Was möchte ich in der Reha bezogen auf mein Erwerbsleben erreichen?“). Eine solche Zielklärung kann zum Beispiel mit Hilfe von bereits vorab versendeten Fragebögen erfolgen. Aber auch im Gespräch mit der Ärztin oder dem Therapeuten kann eine Zielklärung und -formulierung erreicht werden. Soll der Zielfindung und -umsetzung im Rahmen der Rehabilitation ein besonders zentraler Stellenwert eingeräumt werden, können strukturierte Gruppenprogramme wie z.B. ZAZO1 zum Einsatz kommen.

Im Rahmen von Gesprächen des Sozialdienstes oder des psychologischen Dienstes mit Rehabilitandinnen und Rehabilitanden oder in Gruppenprogrammen können die arbeits- und berufsbezogenen Ziele thematisiert werden. Konkrete Ziele können z.B. sein:

  • „Ich möchte im Büro zwei Stunden ununterbrochen am Computer sitzen können, ohne Nackenschmerzen zu bekommen.“
  • „Ich möchte insgesamt fitter werden, damit ich bei der Arbeit nicht so schnell erschöpft bin und acht Stunden durchhalten kann.“

Die Reha-Ziele sollten in interprofessionellen Teamsitzungen mit allen Berufsgruppen besprochen werden.

Alle Gesundheitsfachkräfte/Professionen müssen hinsichtlich beruflicher Themen qualifiziert sein

Damit der Berufsbezug als Leitprinzip der MBOR verankert werden kann, ist es wesentlich, dass alle beteiligten Gesundheitsfachkräfte diesbezüglich ausgebildet sind und/oder sich regelmäßig entsprechend fortbilden.

Beispielsweise gibt es für Physio- und Sporttherapeutinnen und -therapeuten, aber auch für Ärztinnen und Ärzte Fortbildungsangebote zu FCE-Verfahren oder arbeitsbezogenen Trainings. Andere Institutionen bieten Weiterbildungen für Ärztinnen und Ärzte im Bereich der Arbeits-/Betriebs- und Sozialmedizin, interprofessionelle Fortbildungen zur sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung oder Train-the-trainer-Fortbildungen für Reha-Programme mit berufsbezogenem Schwerpunkt (von Relevanz u.a. für Mitarbeitende des Sozialdiensts, Psychologinnen und Psychologen) an.

Wichtig ist auch: Mitarbeitende sollten von Seiten der Reha-Einrichtung bei Fort- und Weiterbildungen unterstützt und (wenn möglich, auch finanziell) gefördert werden. Auch das unterstreicht die Bedeutung, die eine Einrichtung einem in berufsbezogenen Themen gut ausgebildeten Personal beimisst.

Die Diagnostik sollte anforderungsorientiert ausgerichtet sein

Um eine MBOR effektiv planen und durchführen zu können, sind bestimmte Informationen wesentlich:

  • Welche Anforderungen hat die Rehabilitandin/der Rehabilitand an ihrem/seinem Arbeitsplatz zu bewältigen?
  • Was kann die Rehabilitandin/der Rehabilitand leisten (oder nicht leisten), d.h. wie ist ihr/sein aktuelles Leistungsvermögen zu beurteilen?

Eine wichtige Aufgabe der Diagnostik ist es, genau diese Informationen zu beschaffen. Sie soll fundierte Aussagen darüber liefern, welche Diskrepanzen zwischen Anforderungen und Leistungsfähigkeit derzeit bestehen. Diese Aussagen sind wichtig für die Therapieplanung am Reha-Beginn und für die sozialmedizinische Leistungsbeurteilung zum Ende der beruflich orientierten Reha-Maßnahme.

Zum Abgleich von Anforderungen und Fähigkeiten stehen verschiedene Profilvergleichsverfahren zur Verfügung. Basis für die Profilvergleichsverfahren sind Arbeitsplatzbeschreibungen.

Funktionelle und psychosoziale Therapieelemente sollten gleichermaßen berücksichtigt werden

Die Rehabilitandinnen und Rehabilitanden, auf die die MBOR abzielt, sind zumeist in vielerlei Hinsicht belastet. Ihre Behandlung sollte sich also nicht allein auf funktionale oder körperliche Einschränkungen beschränken. Auch „weiche“ Faktoren, das heißt psychosoziale Schwierigkeiten – zum Beispiel arbeitsbezogene Ängste, die subjektive Erwerbsprognose oder Konflikte am Arbeitsplatz – können die Arbeitsfähigkeit und den „return to work“ beeinflussen.

Psychosoziale Themen sollten daher auf jeden Fall in der MBOR im Rahmen eines multimodalen Rehabilitationsprogramms aufgegriffen werden. In der Forschung ist belegt, dass solche umfassenden Ansätze (z.B. Arbeitsplatztraining kombiniert mit psychosozialen Gruppenprogrammen) effektiv sind im Hinblick auf Arbeitsfähigkeit und psychologische Faktoren wie Lebensqualität.2

Quellenangaben

  1. Hanna et al., 2010; Fiedler, R., Hanna, R., Hinrichs, J. & Heuft, G. (2011). Förderung beruflicher Motivation. Trainingsprogramm für die Rehabilitation. Weinheim: Beltz. ↩︎
  2. Bethge et al., 2011; Stigmar et al., 2013 ↩︎
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