VOR – was ist das überhaupt?
VOR steht für verhaltensmedizinisch orientierte Rehabilitation. Sie richtet sich an Personen mit einer körperlichen Erkrankung, die auch psychisch stark belastet sind.
Zum Beispiel beeinträchtigen anhaltende (chronische) Rückenschmerzen sowohl die Stimmung als auch die Leistungsfähigkeit im Beruf. Die VOR berücksichtigt das. Dort geht es darum, Ihre körperlichen Beschwerden und auch Ihre psychischen Belastungen zu verbessern.
Das Besondere an der VOR ist: Sie sind in einer festen Gruppe mit anderen Patientinnen und Patienten zusammen und können sich gegenseitig unterstützen.
Für Menschen, die wegen ihrer körperlichen Erkrankung im Beruf eingeschränkt sind und sich außerdem psychisch stark belastet fühlen.
Solche psychischen Belastungen können unterschiedlich aussehen und unterschiedliche Ursachen haben. In der VORVerhaltensmedizinisch orientierte Rehabilitation können Sie lernen, besser mit diesen Belastungen umzugehen. Hier ein paar Beispiele:
Mögliche Belastungen, die Ihre körperliche Erkrankung mit sich bringt:
- Sie haben oft starke Schmerzen, die Sie im Alltag einschränken.
- Sie fühlen sich oft außergewöhnlich traurig, ängstlich oder erschöpft
- Ihre Erkrankung macht Ihnen Angst und Sie trauen sich kaum, so zu leben wie früher.
- Sie schlafen schlecht.
- Sie machen sich viele Sorgen.
- Sie haben Probleme in Ihrer Familie oder bei der Arbeit.
- Dinge, die Ihnen Freude gemacht haben, bleiben auf der Strecke.
Wie die VOR hilft:
- Gemeinschaft und Unterstützung durch die Gruppe erleben
- sich mit anderen über Belastungen austauschen
- lernen, wie Sie unangenehme Gefühle oder Schmerzen verändern oder leichter akzeptieren können
- neue, hilfreiche Gedanken finden
- besser verstehen, was Ihnen guttut und sich darum kümmern (Selbstfürsorge)
- den Alltag angenehm gestalten
- üben, wie Sie mit Konflikten umgehen können
- lernen, wie Sie Stress reduzieren und sich besser entspannen können
Für welche Krankheiten gibt es die VOR?
Es kommen immer mehr Angebote dazu. Fragen Sie bei der DRV nach, falls Ihre Krankheit oben nicht aufgelistet ist.
Wer wegen einer psychischen Erkrankung in Reha geht, wird in einer psychosomatischen oder psychotherapeutischen Reha behandelt. Dort steht das Thema “psychische Belastung” sowieso im Vordergrund. Eine eigene psychosomatische oder psychotherapeutische Reha mit verhaltensmedizinischer Ausrichtung (“psychosomatische VOR”) gibt es deshalb nicht.
Eine VORVerhaltensmedizinisch orientierte Rehabilitation dauert normalerweise 4 Wochen und damit länger als die „normale“ medizinische Reha (3 Wochen). Sie findet stationär oder ganztägig ambulant in einer Rehaklinik oder einem Rehazentrum statt.
Zu Beginn der Reha haben Sie ein Gespräch mit dem Reha-Team (z. B. Psychologen, Ärztinnen und Bewegungstherapeuten). Vielleicht müssen Sie auch Fragebögen ausfüllen. Diese helfen dem Reha-Team, die Reha möglichst passend für Sie zu gestalten. Wichtig ist auch: Sie können selbst Ihre eigenen Ziele einbringen.
Sie bekommen einen persönlichen Therapieplan mit den verschiedenen Bausteinen Ihrer Behandlung. Das Besondere: Den Großteil des Programms besuchen Sie immer mit den gleichen Patienten und Patientinnen – Ihrer „Bezugsgruppe“. Das sind in der Regel 10-12 Personen. Weil man viel gemeinsam macht, lernt man sich in dieser Gruppe ganz automatisch gut kennen und kann sich viel mit den anderen austauschen.
Das Programm mit Ihrer Bezugsgruppe kann zum Beispiel so aussehen:
- Bewegungstherapie: jeden Tag
- Psychologische Gruppe: 2x in der Woche. Hier tauschen Sie sich über häufige psychische Belastungen aus und darüber, wie man besser damit umgehen kann.
- Entspannungstherapie: 2x in der Woche
Außerdem gibt es noch weitere Angebote wie zum Beispiel:
Psychologische Einzelgespräche helfen Ihnen zu verstehen, wie Ihre Belastungen entstanden sind und welche Gedanken und Verhaltensweisen diese vielleicht verschlimmern. Sie können lernen, wie Sie Ihre Gedanken und Gefühle verändern oder akzeptieren können. Sie bekommen Rat, ob nach der Reha eine ambulante Psychotherapie sinnvoll für Sie ist.
In Vorträgen bekommen Sie Informationen. Z. B. über einen gesunden Lebensstil (gesundes Essen und Bewegung), über Ihre Krankheit und Medikamente, Begleiterkrankungen und anderes.
In der Sozialberatung sprechen Sie über berufliche Probleme und bekommen praktische Hilfen für die Zeit nach der Reha.
In der Ergotherapie können gezielt ganz verschiedene Fähigkeiten trainiert werden, die Sie im Alltag brauchen. Beispiele sind Bewerbungstraining, Konzentrationsübungen, Handgymnastik, Gleichgewichtstraining, aber auch kreatives Gestalten.
Im Arbeitsplatztraining üben Sie die Fähigkeiten, die Sie in Ihrem Job brauchen und die Ihnen aktuell schwerfallen. Zum Beispiel bestimmte Bewegungen wie richtiges Heben oder gesundes Sitzen am PC. Aber auch Konzentration, Umgang mit hoher Arbeitslast und (zu) vielen Aufgaben oder Teamarbeit. In manchen Kliniken trainieren Sie auch an einem Modell-Arbeitsplatz.
Gemeinsam mit Ihrem Reha-Team entscheiden Sie, was Ihnen weiterhilft und was nicht.
Am Ende der VOR findet ein Abschlussgespräch statt. Sie besprechen mit Ihrem Reha-Team, welche Ziele Sie erreicht haben und wie es nach der Reha zu Hause weitergehen kann.
Hier sehen Sie kurz und knapp: Wie läuft eine VOR ab und was wird in einer VOR gemacht?
Gut zu wissen: Viele dieser Angebote gibt es auch in der regulären medizinischen Reha. Die VOR ist aber noch stärker auf das Thema psychische Belastung ausgerichtet.
Dabei bleibt genug Raum für andere Probleme wie zum Beispiel Arbeitslosigkeit.
Hier können Sie mehr über die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der verschiedenen Reha-Formen erfahren.
Gleich zu Beginn der Reha haben Sie ein Gespräch mit dem Reha-Team. Sie werden nach Ihrer Lebenssituation und Ihren Problemen gefragt. Sprechen Sie Ihre eigenen Wünsche und Sorgen an. Das hilft dem Reha-Team, passende Behandlungsangebote für Sie zusammenzustellen
Durch die feste Patientengruppe in der VORVerhaltensmedizinisch orientierte Rehabilitation können Sie Ihre Erfahrungen mit den Mitpatienten und Mitpatientinnen austauschen und sich gegenseitig unterstützen. So merken Sie: „Ich bin nicht allein!“.
In der psychologischen Bezugsgruppe besprechen Sie mit einem Psychologen / einer Psychologin und den anderen Patientinnen, wie sich Gedanken und Verhalten auf die Krankheit auswirken. Und umgekehrt, wie die Krankheit Gedanken und Verhalten beeinflussen kann.
Andere Themen, die oft in der Gruppe besprochen werden, sind: Stress, Konflikte in der Partnerschaft oder Familie, Probleme im Beruf. Vielleicht geht es auch um Ängste oder Depression.
Zusätzlich gibt es auch die Möglichkeit für psychologische Einzelgespräche. Dort können Sie gut Ihre persönliche Situation besprechen.
In der Bewegungstherapie probieren Sie verschiedene Sportarten aus und finden Übungen, die gut zu Ihnen passen und die Sie auch nach der Reha zu Hause weitermachen können. Sie lernen, sich Ziele für mehr Bewegung im Alltag zu setzen und dranzubleiben. Keine Sorge: Auch wenn Sie körperlich nicht so fit sind, gibt es die richtige Sport- oder Bewegungsart für Sie.
Wenn einzelne Angebote und Themen für Sie nicht ganz passend sind, können Sie mit Ihrem Reha-Team darüber sprechen. Vielleicht können Sie das Angebot dann weglassen oder ein passenderes finden.
In der Reha-Wissenschaft wird untersucht, wie wirksam die VORVerhaltensmedizinisch orientierte Rehabilitation ist. Es wurde herausgefunden:
Gerade solchen Menschen, die durch Ängste oder depressive Stimmungen sehr stark belastet sind, kann die VOR gut helfen1. Betroffene berichten, dass ihre Ängste weniger geworden sind und sie sich besser fühlen.
Sie fühlen sich wieder fitter für ihre Arbeit und ihren Alltag. Menschen mit Schmerzen kommen durch die Reha besser mit ihnen zurecht2.
Forschungsergebnisse dazu gibt es bisher für orthopädische Erkrankungen (also zum Beispiel Rückenschmerzen oder Gelenkerkrankungen) und Herz-Kreislauf-Erkrankungen (zum Beispiel nach einem Herzinfarkt oder einer Herz-Operation).3
Wie bei den meisten Behandlungen ist es aber so: Reha hilft bzw. wirkt bei einem besser als beim anderen. Eine 100%ige „Garantie“ für ein bestimmtes Ergebnis gibt es nicht.
Wichtig ist auf jeden Fall: Machen Sie aktiv mit!
Leider gibt es keine Liste aller Kliniken, die eine VORVerhaltensmedizinisch orientierte Rehabilitation anbieten. Die Kliniken informieren aber häufig auf ihrer eigenen Website darüber. Eine Auswahl von Kliniken der DRV Bund mit VOR-Angebot finden Sie außerdem hier.
Wenn Sie sich für eine VOR interessieren, können Sie bei der Beantragung der Reha eine Klinik mit VOR-Angebot als Wunschklinik angeben.
Gut zu wissen: Für die VOR gibt es Standards der Deutschen Rentenversicherung („Anforderungsprofil“), damit das VOR-Angebot in Rehakliniken vergleichbar ist.
Für jeden Patienten bzw. jede Patientin gibt es zum Beispiel…
– pro Woche zwei Stunden Psychologische Bezugsgruppe
– pro Woche fünf Stunden Bewegungstherapie
– die Möglichkeit für psychologische Einzelgespräche.
Einblick in die VOR
Dieses Video gibt Ihnen einen Einblick in die VOR in der MATERNUS-Klinik Bad Oeynhausen. Dort wird die VOR für die Indikation (Spezialisierung) Orthopädie angeboten.
Damit Sie sich die VOR besser vorstellen können, hier zwei Beispiele, wie eine VOR bei chronischen Rückenschmerzen (Orthopädie) oder einem Herzinfarkt (Kardiologie) helfen kann.
Klicken Sie links auf die Indikation (Spezialisierung), um das Fallbeispiel zu lesen.
VOR bei chronischen Rückenschmerzen mit psychischer Belastung
Patientin: Die alleinerziehende Frau A. ist 46 Jahre alt und arbeitet als Steuerfachangestellte. Vor zwei Jahren hatte sie einen Bandscheibenvorfall.
Physiotherapie und Schmerzmittel haben ihr erst geholfen, aber in den letzten Monaten hat sie wieder fast täglich Rückenschmerzen. Außerdem kann sie kaum schlafen und fühlt sich ständig erschöpft und gereizt.
Reha: In der VOR zeigt sich: Frau A. hat eine leichte Depression. In der psychologischen Gruppe versteht sie, dass ihre Rückenschmerzen auch durch Stress bei der Arbeit schlimmer werden und dass sie es sich schwermacht, indem sie alles perfekt machen will. Ab jetzt versucht sie sich selbst zu sagen: “Gut ist gut genug!”. In der Bewegungstherapie stärkt sie ihren Rücken und überlegt gemeinsam mit der Therapeutin, wie sie auch zuhause mehr für ihren Rücken tun kann. Sie entscheidet sich, regelmäßig schwimmen zu gehen.
Nach der Reha: Frau A. fühlt sich besser, aber sie weiß, dass sie weiter an ihrem Umgang mit Stress arbeiten muss. Manchmal klappt es, aber manchmal kommt sie auch wieder erschöpft und gereizt von der Arbeit. Zum Glück hat sie das Nachsorgeprogramm IRENA. Ihre Nachsorgetherapeutin hilft ihr, weiter daran zu arbeiten, nicht alles perfekt machen zu wollen. Außerdem macht sie nun regelmäßig Entspannungsübungen. Das wöchentliche Schwimmen hilft aber fast noch mehr – auch gegen die Rückenschmerzen, die nur noch selten auftauchen.
VOR nach Herzinfarkt mit psychischer Belastung
Patient: Der verheiratete Herr S. ist 52 Jahre alt und arbeitet als Elektrotechniker. Vor 2 Monaten hatte er einen Herzinfarkt und musste operiert werden. Eigentlich ging es ihm schnell wieder gut, aber trotzdem ist seither alles anders. Herr S. soll Sport machen und wieder arbeiten, aber schon bei dem Gedanken daran wird ihm schlecht. Er fragt sich: “Was, wenn ich wieder einen Herzinfarkt bekomme?”
Reha: In der Gruppe über seine Sorgen zu reden, fällt Herrn S. erstmal schwer. Aber als andere erzählen, dass sie seit dem Infarkt Angst haben, ist er erleichtert: “Ich bin nicht allein!” In der Therapie lernt er dann auch, die Angst nicht zu bekämpfen, sondern erst einmal als Wegbegleiterin zu akzeptieren. Und trotzdem das zu tun, was ihm wichtig ist. Dazu gehören neuerdings auch Bewegung und gesündere Ernährung, denn Herr S. möchte noch viele schöne Reisen mit seiner Frau unternehmen.
Nach der Reha: Herr S. ist zufrieden. Auch wenn er vor seinem ersten Arbeitstag ein mulmiges Gefühl hat, merkt er schnell, dass er die Arbeit recht gut schafft. Ein paar Wochen später macht er sogar eine kleine Radtour mit seiner Frau – als sein Herz schnell klopft, bekommt er Angst, aber das kennt er aus der Bewegungstherapie in der Reha. Er weiß: Das Herzklopfen kommt von der Anstrengung. Herr S. macht die Tour trotzdem weiter – und ist stolz auf sich. Nur das mit der gesunden Ernährung will zu Hause nicht so recht klappen. Sein Hausarzt ermahnt ihn und schickt ihn zur Ernährungsberatung. Herr S. denkt an die nächste Reise mit seiner Frau und sagt zu.
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